Montag, 21. Mai 2012

Chapter 16


Als sie sich später im Foyer trafen, konnte Qhuinn nicht anders, als festzustellen, dass er es unglaublich sexy fand, Blay in seinem Kampfoutfit zu sehen. Und um wie viel anders und besser das jetzt war, dass sie offiziell, Seite an Seite, zusammen auf die Straße gehen konnten, als in den Nächten, in denen Blay ihm wie ein Schatten gefolgt war. Er schämte sich jetzt sogar etwas dafür, wie er sich da Blay gegenüber verhalten hatte, obwohl dieser ihm hatte helfen können und in dem Sinne sogar einen Schritt auf ihn zu gemacht hatte. Und er nahm sich vor, dass er von nun an nichts mehr tun würde, was ihn weiterhin von der Möglichkeit ein Bruder zu werden, fernhalten würde. Er wollte, dass Blay auf ihn stolz wäre und dass Wrath auf ihn stolz sein konnte.
Vishous nahm die drei jüngeren Vampire mit in eine etwas abgelegenere Gegend der Stadt, in der es in der letzten Zeit häufiger zu Lesserübergriffen gekommen war. Ihr Weg führte sie entlang des Flusses, aber unter den Brücken trafen sie zunächst nichts anderes an, als Penner, die diese Stellen häufig nutzten um ein wenig Schutz vor dem Wetter zu suchen. Als sie sich allerdings einer stillgelegten Fabrik näherten, die direkt am Wasser lag, schienen alle vier besonders angespannt zu sein und kein gutes Gefühl bei der Sache zu haben.
Von Weitem wehte ihnen dann bereits der Geruch nach Blut entgegen. Vampirblut.
Qhuinn konnte nicht anders, als immer wieder mal einen Seitenblick zu Blay zu werfen, einfach um zu sehen, ob dieser noch immer neben ihm war. Und es fiel ihm doch um einiges Schwerer, sich auf das zu konzentrieren, was Wrath ihm noch einmal mitgegeben hatte – dass John immer an erster Stelle kam.
„Ihr Beide sichert ab.“ stellte V kurz und knapp klar und nickte dabei Blay und Qhuinn zu, die Beide bereits ihre Waffen gezogen hatten und vor allem auf die Dächer der verfallenen Gebäude achteten. „Ich befürchte, wir sind schon zu spät, aber ich will auf Nummer sicher gehen.“ fügte er noch hinzu.
Talkum war keins zu riechen und so stimmten die drei jungen Vampire in Gedanken V's Einschätzung der Situation zu, blieben aber dennoch wachsam und kampbereit.

Vishous bewegte sich auf der einen Seite voran, John auf der Anderen. Und plötzlich brach ein Feuer auf sie ein. Von allen Seiten schienen Schüsse zu kommen und es gab kaum eine Gelegenheit für sie, Deckung zu finden. Und für Qhuinn und Blay war es wahnsinnig schwer, auszumachen, von wo die Schüsse kamen.
Mit drei sehr gezielten Schüssen, erledigte Qhuinn die Schützen auf dem Dach, die es auf John angelegt hatten, der sich hinter einem Mauerrest versucht hatte zu schützen. Vishous war nirgends zu sehen und auf dessen Seite des Geländes waren nicht mal Mauerreste, die Schutz boten.
Qhuinn überlegte kurz, hatte auch dort die Schützen bereits ausgemacht und sich ausgerechnet, welche Bewegungen er machen musste und wann genau er schiessen musste, um diese auszuschalten. Normalerweise hätte er sicher John folgen müssen, aber er war nicht sicher, ob Blay von seiner Seite aus schiessen konnte ohne dass er sich dabei selber zum Ziel machen würde.
„Blay? Hol John da raus.“ raunte er seinem Freund zu, ohne darauf zu warten, ob Blay seine Entscheidung anzweifeln würde, war sich eigentlich sicher, dass er wissen würde, dass Qhuinn seine Gründe hatte.
Und kaum hatte er das gesagt, machte er auch schon die erste Bewegung, die er sich ausgerechnet hatte, erledigte mit einem Schuss einen der Schützen, rollte sich über den Boden und sprang genau im richtigen Moment wieder auf um den verbleidenden Schützen zu erledigen.
Als er sich umdrehte, entdeckte er V, der ihn nur mit weit geöffneten Augen anstarrte. Er sagte zunächst nichts, stattdessen machten sie sich beide daran, auf die andere Seite zu gelangen, wo sie John und Blay unterstützten, die mittlerweile gegen die Lesser kämpfen, die am Boden angegriffen hatten.
Zehn Minuten später hatten sie die auch alle erledigt und nachdem V kurz über sein Handy Butch informiert hatte, dass er herkommen sollte und hier ein wenig was zum aufräumen hatte, wendete er sich an Qhuinn.
„Qhuinn? Was du getan hast, war Wahnsinn.“
„Ich... Blay war nicht in Schussposition und ich dachte, dass ich es riskieren muss.“ verteidigte er seine Entscheidung.
„Das weiß ich. Und das wollte ich auch gar nicht sagen. Viel mehr wollte ich sagen, dass du mir vermutlich das Leben gerettet hast mit deiner Aktion. Der zweite Mistkerl, den du erledigt hast, hätte mich sonst ganz sicher getroffen.“ stellte V klar. „Wirklich Qhuinn, das war sehr gute Arbeit von dir.“
Qhuinn hatte das Gefühl, zu erröten und ihm fehlten in dem Moment ausnahmsweise mal komplett die Worte. Als er sich zu Blay umdrehte, wurde ihm ganz anders, als er fast sicher glaubte, Stolz in dessen Blick lesen zu können.


„V, in mein Büro! Sofort!“ tönte Wraths Stimme durchs Foyer, als sie ins Anwesen zurück kehrten. Natürlich war bereits bekannt geworden, was auf dem Fabrikgelände passiert war und Qhuinn warf sofort einen unsicheren Blick zu Blay. Er befürchtete, dass er Ärger bekommen würde, als er sich dagegen entschieden hatte, John zu folgen, denn ganz egal, dass es gut ausgegangen war, er hatte seine Pflicht nicht korrekt ausgeführt. Blay seufzte leise, griff nach Qhuinns Hand und zog ihn mit nach oben und in sein Zimmer. Sie würden ohnehin nur warten können, wenn V jetzt erstmal über das Geschehene berichten würde.
„Also, was war da draußen los? Wieso war Qhuinn nicht da, wo er hingehört hat, bei John? Ich will alles wissen.“ stellte Wrath klar, nachdem er sich auf seinen Stuhl hatte sinken lassen und V sich gegenüber des Schreibtisches gegen die Wand gelehnt hatte, die Arme vor seiner muskulösen Brust verschränkt.
„Wir haben uns aufgeteilt. John ist auf der rechten Seite entlang, ich auf der linken. Qhuinn war hinter John, Blay hinter mir. Keiner von uns hat diese Schützen bemerkt und wie aus dem Nichts gingen die Schüsse los. John hatte auf seiner Seite ein paar Mauervorsprünge und hinter einem von diesem ist er in Deckung gegangen. Qhuinn hatte drei Schüsse. Alle drei Schützen, die auf Johns Seite auf dem Dach waren, hat er getroffen. Blay konnte die auf meiner Seite nicht wirklich sehen, Qhuinn dagegen schon, war aber auch nicht in einer guten Schussposition. Er hatte nicht viel Zeit um zu entscheiden, hat Blay dann gesagt er soll John folgen, hat ein paar wenige Bewegungen gemacht, zwei Schüsse abgegeben und beide Schützen getroffen.“ V machte eine kurze Pause. „Auf meiner Seite gab es im Prinzip nicht eine einzige, verdammte Deckung. Und der zweite Schütze hatte freie Bahn um auf mich zu schiessen, wenn Qhuinn ihm dann nicht zu vor gekommen wäre. Der Junge hat mir das Leben gerettet da draussen. Und John und Blay, die Beiden hatte ihre Situation gut im Griff.“

Wrath schwieg einen Moment, bevor er kurz seine Brille zur Seite schob um sich über die Augen zu reiben. „Ich will deine ehrliche Einschätzung, ob es falsch oder richtig war, wie er sich entschieden hat, V.“
„Richtig.“ antwortete V ohne auch nur einen Moment zu zögern. „Er hatte die Wahl, wusste aber, dass John in geringerer Gefahr war, als ich und dass er von seiner Position besser handeln konnte als Blay.“ stellte er noch einmal klar.
„Okay. Danke V. Ich bin zu dem selben Ergebnis gekommen. Also, steht das Team John, Qhuinn und Blay?“
„Ich würde sagen, das tut es.“ Vishous nahm seine Arme nach unten, überlegte kurz, bevor er weiter sprach. „Ich will Qhuinn vorschlagen. Für die Bruderschaft.“ platzte es dann aus ihm hervor, was er zu sagen hatte.
Wenn Wrath überrascht war, dann ließ er es sich nicht anmerken. „V, du weißt, dass er unser nächster Kandidat gewesen wäre, aber dass er in den letzten Monaten ziemlich unberrechenbar gewesen ist. Und er ist noch sehr jung.“
„Ich weiß. Aber ich bin der Meinung, dass er sich mittlerweile gefangen hat und... er ist er Mann von Wert, ich denke, das sehen hier alle so, bis auf er selber. Die meisten von uns waren auch nicht älter, als sie der Bruderschaft beigetreten sind. Ich würde den Vorschlag also gerne vorbringen, wenn du damit einverstanden bist.“
Wrath nickte ohne noch länger zu zögern.. „Ja, ich bin einverstanden. Und ich hatte gehofft, dass er sich fangen wird. Er leistet wirklich gute Arbeit bei John und auch sonst halte ich ihn für sehr geeignet um der Bruderschaft beizutreten und vielleicht ist jetzt wirklich der richtige Zeitpunkt! Ich werde den anderen Brüdern Bescheid sagen, dass sie herkommen und wir werden fragen, was sie zu diesem Vorschlag sagen.“
Wrath griff nach seinem Telefon und gab mit einer kurzen Nachricht allen Brüdern Bescheid, dass er sie zu einer kurzen Besprechung in seinem Büro sehen wollte. Wenn er ehrlich war, dann hoffte er, dass die Brüder die Einschätzung von V teilen würden und sie sich für Qhuinn als Bruder aussprechen würden.


Zehn Minuten später waren alle Brüder, inklusive Phury, in Wraths Arbeitszimmer versammelt.
„Was gibt es denn?“ platzte es als erstes aus Rhage hervor.
„V hat einen Vorschlag zu machen. Und zwar für eine Aufnahme in die Bruderschaft.“ verkündete Wrath.
Gemurmel brach unter den Brüdern aus, die natürlich alle ihre Vermutungen hatten, um wen es dabei gehen könnte.
„Qhuinn.“ war alles, was V sagte und den Reaktionen der Anderen nach zu gehen, schienen sie nicht wirklich überrascht darüber zu sein, dass es um Qhuinn ging.
„Ich werde euch jetzt alle fragen, ob ihr dafür oder dagegen seid. Ich will von jedem von euch ein ja oder nein hören.“ Wrath nickte den Brüdern zu und wartete ab, dass jeder von ihnen etwas dazu sagte.
Nachdem alle Brüder ihre Meinung gesagt hatten, erhob Wrath sich von seinem Stuhl. „Okay, damit ist die Entscheidung einstimmig gefallen. Qhuinn wird in die Bruderschaft aufgenommen.“ fasste er zusammen. „In der nächsten Nacht werden wir die Zeremonie durchführen.“ sagte er und entließ damit die Brüder.


In der Zwischenzeit lagen Qhuinn und Blay zusammen auf Blays Bett. Qhuinn war ungewöhnlich schweigsam und Blay hatte sich eng hinter ihn gelegt, hielt ihn fest in seinen Armen und streichelte mit einer Hand über seine Brust. „Du hast nichts falsch gemacht.“ flüsterte Blay leise.
„Doch... und ich wusste in dem Moment, dass es eigentlich falsch ist, aber ich habe es trotzdem gemacht. Normalerweise hätte ich nicht mal darüber nachdenken, sondern hätte John folgen müssen.“
„Qhuinn, hör auf dir zu sagen, dass es falsch war. Du hast V das Leben gerettet. John war in Sicherheit. Und als es mehr Lesser geworden sind, die auf dem Boden angegriffen haben, warst du bei uns und hast uns geholfen.“ Mit seiner freien Hand glitt Blay in Qhuinns Haare und strich mit dieser durch diese. „Du hast nichts falsch gemacht.“ betonte er noch einmal, obwohl er genau wusste, dass es nicht wirklich leicht war, Qhuinn in so einer Sache vom Gegenteil zu überzeugen. „Mach dir keine Gedanken und warten wir ab, was dabei rauskommt, okay?“
Qhuinn schwieg einen Moment bevor er es schaffte zu nicken und sich dann ein wenig nach hinten gegen Blay sinken ließ. „Okay, dann... lass uns... jetzt nicht mehr davon reden.“ murmelte er leise.
„Kein Problem.“ Blay hörte nicht auf, Qhuinn durch die Haare zu streicheln und war froh darüber, dass Qhuinn sich nun wirklich zu entspannen schien.
Für einen Moment hatte Blay sogar schon fast gedacht, dass Qhuinn eingeschlafen war, bis der plötzlich wieder zu sprechen begann. „Blay? Erzähl mir, wie... es ist.“
„Hmmm?“ murmelte Blay ein wenig verwirrt. „Wie was ist?“
„Wie es ist... na ja... von jemandem genommen zu werden!“
Erschrocken ließ Blay Qhuinn los und setzte sich im Bett auf. „Was? Aber...“
Qhuinn drehte sich auf seinen Rücken und sah zu Blay auf. „Bitte... ich will es wissen. Wie... ist es?“

Blay presste seine Lippen aufeinander, nicht sicher, ob er darüber mit Qhuinn sprechen wollte, aber wenn er ihn so ansah, dann war es nahezu unmöglich, sich ihm zu entziehen. „Es... am Anfang... ist es... gewöhnungsbedürftig.“ sagte er leise. „Aber dann... dann ist es schon irgendwie unglaublich. Es... funktioniert aber nur wirklich, wenn man dem anderen vertraut.“ versuchte er zu beschreiben, wie es sich anfühlte. „Es ist aber definitiv sehr erregend. Und es gibt einfach nichts, wie man sich näher fühlen kann.“
Qhuinn verdrängte alle Bilder, die ihm bei dieser Beschreibung zu Blay und Saxton vor Augen schossen. Es ging ihm hier nicht um Blay und Saxton, sondern viel mehr um etwas ganz anderes. Und je mehr er Blay darüber reden hörte, desto sicherer wurde er sich in dem, was er dachte. „Ich will das tun. Mit dir. Ich will, dass du es tust.“ platzte es dann auch schon aus ihm hervor.
Blays Augen weiteten sich. „Was? Aber... ich denke, das wolltest du nicht. Nie. Mit einem Mann.“ Blay wusste zu gut, dass Qhuinn sich beim Sex nie unterordnete, dass er immer nur nahm.
„Nein, wollte ich auch nicht. Aber... ich will es. Mit dir!“ sagte Qhuinn leise, ließ dabei Blay nicht einen Moment lang aus den Augen.
Blay schluckte schwer und kurz blitzte in seinen Augen etwas auf, von dem Qhuinn kaum zu hoffen wagte, dass es Verlangen war. „Ich... ich weiß nicht, was ich sagen soll.“ murmelte Blay, offenbar noch immer völlig überrascht davon.
„Du... du könntest ja sagen. Oder ähm... nein.“
Wieder schluckte Blay, bevor er nichts anderes mehr machen konnte, als nur zu nicken. Seiner Stimme vertraute er einfach nicht mehr.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen