Als sie sich später
im Foyer trafen, konnte Qhuinn nicht anders, als festzustellen, dass
er es unglaublich sexy fand, Blay in seinem Kampfoutfit zu sehen. Und
um wie viel anders und besser das jetzt war, dass sie offiziell,
Seite an Seite, zusammen auf die Straße gehen konnten, als in
den Nächten, in denen Blay ihm wie ein Schatten gefolgt war. Er
schämte sich jetzt sogar etwas dafür, wie er sich da Blay
gegenüber verhalten hatte, obwohl dieser ihm hatte helfen können
und in dem Sinne sogar einen Schritt auf ihn zu gemacht hatte. Und er
nahm sich vor, dass er von nun an nichts mehr tun würde, was ihn
weiterhin von der Möglichkeit ein Bruder zu werden, fernhalten
würde. Er wollte, dass Blay auf ihn stolz wäre und dass
Wrath auf ihn stolz sein konnte.
Vishous nahm die
drei jüngeren Vampire mit in eine etwas abgelegenere Gegend der
Stadt, in der es in der letzten Zeit häufiger zu
Lesserübergriffen gekommen war. Ihr Weg führte sie entlang
des Flusses, aber unter den Brücken trafen sie zunächst
nichts anderes an, als Penner, die diese Stellen häufig nutzten
um ein wenig Schutz vor dem Wetter zu suchen. Als sie sich allerdings
einer stillgelegten Fabrik näherten, die direkt am Wasser lag,
schienen alle vier besonders angespannt zu sein und kein gutes Gefühl
bei der Sache zu haben.
Von Weitem wehte
ihnen dann bereits der Geruch nach Blut entgegen. Vampirblut.
Qhuinn konnte nicht
anders, als immer wieder mal einen Seitenblick zu Blay zu werfen,
einfach um zu sehen, ob dieser noch immer neben ihm war. Und es fiel
ihm doch um einiges Schwerer, sich auf das zu konzentrieren, was
Wrath ihm noch einmal mitgegeben hatte – dass John immer an erster
Stelle kam.
„Ihr
Beide sichert ab.“ stellte V kurz und knapp klar und nickte dabei
Blay und Qhuinn zu, die Beide bereits ihre Waffen gezogen hatten und
vor allem auf die Dächer der verfallenen Gebäude achteten.
„Ich befürchte, wir sind schon zu spät, aber ich will auf
Nummer sicher gehen.“ fügte er noch hinzu.
Talkum war keins zu
riechen und so stimmten die drei jungen Vampire in Gedanken V's
Einschätzung der Situation zu, blieben aber dennoch wachsam und
kampbereit.
Vishous bewegte
sich auf der einen Seite voran, John auf der Anderen. Und plötzlich
brach ein Feuer auf sie ein. Von allen Seiten schienen Schüsse
zu kommen und es gab kaum eine Gelegenheit für sie, Deckung zu
finden. Und für Qhuinn und Blay war es wahnsinnig schwer,
auszumachen, von wo die Schüsse kamen.
Mit drei sehr
gezielten Schüssen, erledigte Qhuinn die Schützen auf dem
Dach, die es auf John angelegt hatten, der sich hinter einem
Mauerrest versucht hatte zu schützen. Vishous war nirgends zu
sehen und auf dessen Seite des Geländes waren nicht mal
Mauerreste, die Schutz boten.
Qhuinn überlegte
kurz, hatte auch dort die Schützen bereits ausgemacht und sich
ausgerechnet, welche Bewegungen er machen musste und wann genau er
schiessen musste, um diese auszuschalten. Normalerweise hätte er
sicher John folgen müssen, aber er war nicht sicher, ob Blay von
seiner Seite aus schiessen konnte ohne dass er sich dabei selber zum
Ziel machen würde.
„Blay?
Hol John da raus.“ raunte er seinem Freund zu, ohne darauf zu
warten, ob Blay seine Entscheidung anzweifeln würde, war sich
eigentlich sicher, dass er wissen würde, dass Qhuinn seine
Gründe hatte.
Und kaum hatte er
das gesagt, machte er auch schon die erste Bewegung, die er sich
ausgerechnet hatte, erledigte mit einem Schuss einen der Schützen,
rollte sich über den Boden und sprang genau im richtigen Moment
wieder auf um den verbleidenden Schützen zu erledigen.
Als er sich
umdrehte, entdeckte er V, der ihn nur mit weit geöffneten Augen
anstarrte. Er sagte zunächst nichts, stattdessen machten sie
sich beide daran, auf die andere Seite zu gelangen, wo sie John und
Blay unterstützten, die mittlerweile gegen die Lesser kämpfen,
die am Boden angegriffen hatten.
Zehn Minuten später
hatten sie die auch alle erledigt und nachdem V kurz über sein
Handy Butch informiert hatte, dass er herkommen sollte und hier ein
wenig was zum aufräumen hatte, wendete er sich an Qhuinn.
„Qhuinn?
Was du getan hast, war Wahnsinn.“
„Ich...
Blay war nicht in Schussposition und ich dachte, dass ich es
riskieren muss.“ verteidigte er seine Entscheidung.
„Das
weiß ich. Und das wollte ich auch gar nicht sagen. Viel mehr
wollte ich sagen, dass du mir vermutlich das Leben gerettet hast mit
deiner Aktion. Der zweite Mistkerl, den du erledigt hast, hätte
mich sonst ganz sicher getroffen.“ stellte V klar. „Wirklich
Qhuinn, das war sehr gute Arbeit von dir.“
Qhuinn hatte das
Gefühl, zu erröten und ihm fehlten in dem Moment
ausnahmsweise mal komplett die Worte. Als er sich zu Blay umdrehte,
wurde ihm ganz anders, als er fast sicher glaubte, Stolz in dessen
Blick lesen zu können.
„V,
in mein Büro! Sofort!“ tönte Wraths Stimme durchs Foyer,
als sie ins Anwesen zurück kehrten. Natürlich war bereits
bekannt geworden, was auf dem Fabrikgelände passiert war und
Qhuinn warf sofort einen unsicheren Blick zu Blay. Er befürchtete,
dass er Ärger bekommen würde, als er sich dagegen
entschieden hatte, John zu folgen, denn ganz egal, dass es gut
ausgegangen war, er hatte seine Pflicht nicht korrekt ausgeführt.
Blay seufzte leise, griff nach Qhuinns Hand und zog ihn mit nach oben
und in sein Zimmer. Sie würden ohnehin nur warten können,
wenn V jetzt erstmal über das Geschehene berichten würde.
„Also,
was war da draußen los? Wieso war Qhuinn nicht da, wo er
hingehört hat, bei John? Ich will alles wissen.“ stellte Wrath
klar, nachdem er sich auf seinen Stuhl hatte sinken lassen und V sich
gegenüber des Schreibtisches gegen die Wand gelehnt hatte, die
Arme vor seiner muskulösen Brust verschränkt.
„Wir
haben uns aufgeteilt. John ist auf der rechten Seite entlang, ich auf
der linken. Qhuinn war hinter John, Blay hinter mir. Keiner von uns
hat diese Schützen bemerkt und wie aus dem Nichts gingen die
Schüsse los. John hatte auf seiner Seite ein paar
Mauervorsprünge und hinter einem von diesem ist er in Deckung
gegangen. Qhuinn hatte drei Schüsse. Alle drei Schützen,
die auf Johns Seite auf dem Dach waren, hat er getroffen. Blay konnte
die auf meiner Seite nicht wirklich sehen, Qhuinn dagegen schon, war
aber auch nicht in einer guten Schussposition. Er hatte nicht viel
Zeit um zu entscheiden, hat Blay dann gesagt er soll John folgen, hat
ein paar wenige Bewegungen gemacht, zwei Schüsse abgegeben und
beide Schützen getroffen.“ V machte eine kurze Pause. „Auf
meiner Seite gab es im Prinzip nicht eine einzige, verdammte Deckung.
Und der zweite Schütze hatte freie Bahn um auf mich zu
schiessen, wenn Qhuinn ihm dann nicht zu vor gekommen wäre. Der
Junge hat mir das Leben gerettet da draussen. Und John und Blay, die
Beiden hatte ihre Situation gut im Griff.“
Wrath schwieg einen
Moment, bevor er kurz seine Brille zur Seite schob um sich über
die Augen zu reiben. „Ich will deine ehrliche Einschätzung, ob
es falsch oder richtig war, wie er sich entschieden hat, V.“
„Richtig.“
antwortete V ohne auch nur einen Moment zu zögern. „Er hatte
die Wahl, wusste aber, dass John in geringerer Gefahr war, als ich
und dass er von seiner Position besser handeln konnte als Blay.“
stellte er noch einmal klar.
„Okay.
Danke V. Ich bin zu dem selben Ergebnis gekommen. Also, steht das
Team John, Qhuinn und Blay?“
„Ich
würde sagen, das tut es.“ Vishous nahm seine Arme nach unten,
überlegte kurz, bevor er weiter sprach. „Ich will Qhuinn
vorschlagen. Für die Bruderschaft.“ platzte es dann aus ihm
hervor, was er zu sagen hatte.
Wenn Wrath
überrascht war, dann ließ er es sich nicht anmerken. „V,
du weißt, dass er unser nächster Kandidat gewesen wäre,
aber dass er in den letzten Monaten ziemlich unberrechenbar gewesen
ist. Und er ist noch sehr jung.“
„Ich
weiß. Aber ich bin der Meinung, dass er sich mittlerweile
gefangen hat und... er ist er Mann von Wert, ich denke, das sehen
hier alle so, bis auf er selber. Die meisten von uns waren auch nicht
älter, als sie der Bruderschaft beigetreten sind. Ich würde
den Vorschlag also gerne vorbringen, wenn du damit einverstanden
bist.“
Wrath nickte ohne
noch länger zu zögern.. „Ja, ich bin einverstanden. Und
ich hatte gehofft, dass er sich fangen wird. Er leistet wirklich gute
Arbeit bei John und auch sonst halte ich ihn für sehr geeignet
um der Bruderschaft beizutreten und vielleicht ist jetzt wirklich der
richtige Zeitpunkt! Ich werde den anderen Brüdern Bescheid
sagen, dass sie herkommen und wir werden fragen, was sie zu diesem
Vorschlag sagen.“
Wrath griff nach
seinem Telefon und gab mit einer kurzen Nachricht allen Brüdern
Bescheid, dass er sie zu einer kurzen Besprechung in seinem Büro
sehen wollte. Wenn er ehrlich war, dann hoffte er, dass die Brüder
die Einschätzung von V teilen würden und sie sich für
Qhuinn als Bruder aussprechen würden.
Zehn Minuten später
waren alle Brüder, inklusive Phury, in Wraths Arbeitszimmer
versammelt.
„Was
gibt es denn?“ platzte es als erstes aus Rhage hervor.
„V
hat einen Vorschlag zu machen. Und zwar für eine Aufnahme in die
Bruderschaft.“ verkündete Wrath.
Gemurmel brach
unter den Brüdern aus, die natürlich alle ihre Vermutungen
hatten, um wen es dabei gehen könnte.
„Qhuinn.“
war alles, was V sagte und den Reaktionen der Anderen nach zu gehen,
schienen sie nicht wirklich überrascht darüber zu sein,
dass es um Qhuinn ging.
„Ich
werde euch jetzt alle fragen, ob ihr dafür oder dagegen seid.
Ich will von jedem von euch ein ja oder nein hören.“ Wrath
nickte den Brüdern zu und wartete ab, dass jeder von ihnen etwas
dazu sagte.
Nachdem alle Brüder
ihre Meinung gesagt hatten, erhob Wrath sich von seinem Stuhl. „Okay,
damit ist die Entscheidung einstimmig gefallen. Qhuinn wird in die
Bruderschaft aufgenommen.“ fasste er zusammen. „In der nächsten
Nacht werden wir die Zeremonie durchführen.“ sagte er und
entließ damit die Brüder.
In der Zwischenzeit
lagen Qhuinn und Blay zusammen auf Blays Bett. Qhuinn war
ungewöhnlich schweigsam und Blay hatte sich eng hinter ihn
gelegt, hielt ihn fest in seinen Armen und streichelte mit einer Hand
über seine Brust. „Du hast nichts falsch gemacht.“ flüsterte
Blay leise.
„Doch...
und ich wusste in dem Moment, dass es eigentlich falsch ist, aber ich
habe es trotzdem gemacht. Normalerweise hätte ich nicht mal
darüber nachdenken, sondern hätte John folgen müssen.“
„Qhuinn,
hör auf dir zu sagen, dass es falsch war. Du hast V das Leben
gerettet. John war in Sicherheit. Und als es mehr Lesser geworden
sind, die auf dem Boden angegriffen haben, warst du bei uns und hast
uns geholfen.“ Mit seiner freien Hand glitt Blay in Qhuinns Haare
und strich mit dieser durch diese. „Du hast nichts falsch gemacht.“
betonte er noch einmal, obwohl er genau wusste, dass es nicht
wirklich leicht war, Qhuinn in so einer Sache vom Gegenteil zu
überzeugen. „Mach dir keine Gedanken und warten wir ab, was
dabei rauskommt, okay?“
Qhuinn schwieg
einen Moment bevor er es schaffte zu nicken und sich dann ein wenig
nach hinten gegen Blay sinken ließ. „Okay, dann... lass
uns... jetzt nicht mehr davon reden.“ murmelte er leise.
„Kein
Problem.“ Blay hörte nicht auf, Qhuinn durch die Haare zu
streicheln und war froh darüber, dass Qhuinn sich nun wirklich
zu entspannen schien.
Für einen
Moment hatte Blay sogar schon fast gedacht, dass Qhuinn eingeschlafen
war, bis der plötzlich wieder zu sprechen begann. „Blay?
Erzähl mir, wie... es ist.“
„Hmmm?“
murmelte Blay ein wenig verwirrt. „Wie was ist?“
„Wie
es ist... na ja... von jemandem genommen zu werden!“
Erschrocken ließ
Blay Qhuinn los und setzte sich im Bett auf. „Was? Aber...“
Qhuinn drehte sich
auf seinen Rücken und sah zu Blay auf. „Bitte... ich will es
wissen. Wie... ist es?“
Blay presste seine
Lippen aufeinander, nicht sicher, ob er darüber mit Qhuinn
sprechen wollte, aber wenn er ihn so ansah, dann war es nahezu
unmöglich, sich ihm zu entziehen. „Es... am Anfang... ist
es... gewöhnungsbedürftig.“ sagte er leise. „Aber
dann... dann ist es schon irgendwie unglaublich. Es... funktioniert
aber nur wirklich, wenn man dem anderen vertraut.“ versuchte er zu
beschreiben, wie es sich anfühlte. „Es ist aber definitiv sehr
erregend. Und es gibt einfach nichts, wie man sich näher fühlen
kann.“
Qhuinn verdrängte
alle Bilder, die ihm bei dieser Beschreibung zu Blay und Saxton vor
Augen schossen. Es ging ihm hier nicht um Blay und Saxton, sondern
viel mehr um etwas ganz anderes. Und je mehr er Blay darüber
reden hörte, desto sicherer wurde er sich in dem, was er dachte.
„Ich will das tun. Mit dir. Ich will, dass du es tust.“ platzte
es dann auch schon aus ihm hervor.
Blays Augen
weiteten sich. „Was? Aber... ich denke, das wolltest du nicht. Nie.
Mit einem Mann.“ Blay wusste zu gut, dass Qhuinn sich beim Sex nie
unterordnete, dass er immer nur nahm.
„Nein,
wollte ich auch nicht. Aber... ich will es. Mit dir!“ sagte Qhuinn
leise, ließ dabei Blay nicht einen Moment lang aus den Augen.
Blay schluckte
schwer und kurz blitzte in seinen Augen etwas auf, von dem Qhuinn
kaum zu hoffen wagte, dass es Verlangen war. „Ich... ich weiß
nicht, was ich sagen soll.“ murmelte Blay, offenbar noch immer
völlig überrascht davon.
„Du...
du könntest ja sagen. Oder ähm... nein.“
Wieder schluckte
Blay, bevor er nichts anderes mehr machen konnte, als nur zu nicken.
Seiner Stimme vertraute er einfach nicht mehr.
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