Wieder zurück
in seinem eigenen Zimmer, versuchte Blay noch immer zu begreifen, was
genau alles passiert war. Er hatte bei Qhuinn geschlafen und es hatte
sich richtig angefühlt, neben ihm aufzuwachen. Sie hatten
gemeinsam gegessen und auch, wenn er es jetzt eher so betrachtete,
dass sie sich gegenseitig geneckt hatten, so wusste er doch, dass das
Füttern schon eine bestimmte Geste war. Und dann... ihm war
nicht mal bewusst gewesen, dass er die Zeit gezählt hatte, von
dem Moment an, in dem er von hier weg gewesen war. Es war ihm wie von
alleine über die Lippen gekommen, wie viel Zeit vergangen war
und erst da, war ihm aufgefallen, dass er das die ganze Zeit über
gezählt hatte. Und auch die Umarmung hatte sich dann richtig
angefühlt.
Das alles führte
allerdings dazu, dass er wahnsinnig nervös war, wenn er daran
dachte, dass er sich später mit Qhuinn zusammen einen Film
ansehen würde. Er sagte sich zwar, dass daran nichts anderes
war, als bei den unzähligen Male, die sich sie in der
Vergangenheit angesehen hatten, aber so ganz wollte ihm das nicht
gelingen. Und es war jetzt definitiv anders... Qhuinn schien ihn
nicht länger von sich weg zu schieben, schien viel mehr seine
Nähe zu suchen, aber ein Teil von Blay rechnete immer noch jeden
Moment damit, dass Qhuinn es sich anders überlegen würde.
Und mit jedem Moment mehr, den er nun so in seiner Nähe
verbringen konnte, wusste er, dass er das dann nicht überleben
würde, sollte das passieren.
Da Blay in dieser
Nacht noch nicht nach draußen gehen würde, beschäftigte
er sich die meiste Zeit damit, sein Zimmer wieder einzurichten,
packte seine Koffer aus und räumte die Sachen fein säuberlich
in seinen Schrank ein. Dabei kam es ihm auf der einen Seite so vor,
als wäre es erst gestern gewesen, dass er sie ausgeräumt
und in seinen Koffer gepackt hatte und auf der anderen Seite hatte er
das Gefühl, dass es in einem anderen Leben gewesen war, dass er
gegangen war.
Nachdem er damit
fertig war, seine Klamotten einzuräumen, machte er sich an die
letzte Tasche, in der er die persönlichen Gegenstände, die
er mitgenommen hatte, aufbewahrt hatte, einige Bücher, DVDs. Als
letztes nahm er einen Fotorahmen aus der Tasche. Den einzigen, den er
mit zu Saxton genommen hatte und auch der einzige, den er von dort
wieder mit hier her genommen hatte. Das Bild zeigte John, Qhuinn und
ihn und nach nur kurzem Zögern stellte er dieses auf den
Nachttisch. Er hatte bei Qhuinn gesehen, dass er das selbe Bild auch
auf dem Nachttisch stehen hatte und es erschien ihm nur als richtig,
es nun auch aufzustellen.
Schließlich
betrat er das Badezimmer um zu duschen und sich fertigzumachen für
den Abend mit Qhuinn. Und zum ersten Mal überlegte er ewig, was
er wohl anziehen sollte. Dabei würden sie nicht mal das Anwesen
verlassen. Er würde einfach nur ins Nebenzimmer gehen und sie
würden einen Film ansehen...
Nachdem er zunächst
einen der Anzüge angezogen hatte, den er öfters getragen
hatte, als er mit Saxton ausgegangen war, schüttelte er über
sich selber den Kopf, zog diesen wieder aus und nahm stattdessen eine
leicht verwaschene, blaue Jeans aus dem Schrank, zog dazu ein weißes
Shirt und ein schwarzes Hemd an, bei dem er die obersten Knöpfe
offen ließ. Und irgendwie... fühlte er sich so viel mehr
wie er selber.
Qhuinn hatte noch
eine ganze Weile auf seinem Bett gelegen, hatte in den Kissen noch
allzu deutlich Blays Geruch wahrnehmen können und konnte davon
kaum genug bekommen. Erst als der Abend näher rückte, sah
er sich etwas genauer in seinem Zimmer um, in dem wie eigentlich
immer totales Chaos herrschte. Und bevor er genauer darüber
nachdenken konnte, was genau er da tat, fand er sich auf dem Boden
wieder, sammelte seine Klamotten ein, räumte die leeren Flaschen
weg. Zu deutlich hatte er noch immer vor Augen wie ordentlich alles
in dem Haus gewesen war, in dem Blay mit Saxton gelebt hatte und das
Mindeste, was er tun konnte, bevor Blay zu ihm rüber kam, war,
ein wenig Ordnung zu schaffen. Nachdem der Fußboden komplett
leer geräumt hatte, räumte er noch die Kommode auf,
verschwand dann im Bad um zu duschen und zog sich dann um, um mehr
oder weniger ungeduldig darauf zu warten, dass Blay zu ihm rüber
kommen würde.
Normalerweise wäre
Blay vermutlich einfach reingegangen ins Zimmer, nachdem er einmal an
der Tür geklopft hatte, so vertraut wie ihm Qhuinns Zimmer
eigentlich schon war. Diesmal jedoch blieb er nervös vor dieser
stehen, schob seine leicht zitternde Hand, mit der er geklopft hatte,
in seine Hosentasche.
„Komm
rein.“ rief Qhuinn von drin und als Blay das Zimmer betrat, wäre
er fast gleich wieder automatisch aus dem Zimmer gegangen, nicht
sicher ob er hier auch richtig war. Das hier... konnte nicht Qhuinns
Zimmer sein...
„Blay?“
fragte Qhuinn etwas verwirrt, als Blay so aussah, als würde er
gleich wieder gehen wollen.
„Ähm...
was ist... passiert?“ fragte Blay.
„Sollte
irgendwas passiert sein?“
„Ja
also... ich meine... das hier!“ Blay deutete mit einer Handbewegung
durch das Zimmer. „Was ist passiert?“
„Nichts.
Ich habe aufgeräumt.“ kommentierte Qhuinn stolz.
„Du
räumst doch sonst nie auf...“
„Ja,
aber ich wollte, dass es ordentlich ist, wenn du vorbei kommst.“
„Das
wolltest du doch auch bisher noch nie. Und ehrlich, Qhuinn, ich fühle
mich nicht wirklich wohl bei dir im Zimmer, wenn es so ordentlich
ist. Dann habe ich nicht das Gefühl, dass ich bei dir bin.“
„Wirklich?“
fragte Qhuinn überrascht. „Ich dachte, es wäre dir lieber
wenn...“ Er unterbrach sich selber, als ihm bewusst wurde, dass er
wieder dabei war, den selben Fehler zu machen, den er wohl immer
machte, wenn es um Blay ging. „Okay, dann kann ich ja nachher ein
paar Sachen auf den Boden werfen.“ sagte er und seine Mundwinkel
hoben sich merklich zu einem Grinsen. „Aber jetzt sag schon, was
willst du gucken?“
„Wir
könnten einen von diesen neueren Horrorfilmen gucken!?“
Qhuinn lachte.
„Könnten wir? Blay, du schreist wie ein Mädchen!“
„Tu
ich gar nicht. Also, was ist?“
Vor seinen Augen
sah Qhuinn ein Bild vor sich... Blay und er zusammen auf dem Bett.
Bei jeder erschreckenden Szene drängte Blay sich enger an ihn...
„Horror klingt gut.“ entschied er grinsend. „Und ähm ja...
willst du auch was essen? Ich könnte dir aber höchstens
Pizza anbieten...“
„Qhuinn,
hör auf damit. Und ja, ehrlich gesagt würde ich für
eine Pizza gerade sterben.“
Qhuinn griff zum
Telefon und drehte sich kurz darauf zu Blay um. „Pizza kommt
gleich. Corona hab ich schon da, also kann es eigentlich los gehen.“
Mittlerweile fragte
Blay sich, warum er eigentlich so schrecklich nervös gewesen
war. Das hier war nicht viel anders als die Abende von denen er schon
unzählige mit Qhuinn zusammen verbracht hatte. Und so langsam
entspannte er sich auch wieder etwas und setzte sich schließlich
auf das Bett, wartete ab, als Qhuinn die Filme durchsah und dann eine
DVD hoch hielt. „Den zweiten Teil von Paranormal Activity?“
Blay wusste zwar,
dass er diese Wahl bereuen würde, aber er nickte. „Klar, warum
nicht?“
Gerade als Qhuinn
die DVD eingelegt hatte, klopfte es an der Tür und er kam mit
einem riesigen Pizzakarton ins Zimmer, den er auf dem Bett
platzierte. „Salami, Pilze, Pepperoni und extra Käse.“
grinste er.
„Das
klingt so... perfekt.“ stöhnte Blay auf und Qhuinn war schon
fast stolz darauf, dass er das richtige für Blay ausgesucht
hatte, griff nach einer der Pizzaecken und hielt sie Blay hin. „Na
dann können wir ja anfangen.“ Er setzte sich ebenfalls auf das
Bett, neben Blay, den Pizzakarton zwischen ihnen stehend.
Zunächst
blieben sie auch einfach so nebeneinander sitzen, sahen sich den Film
an und aßen von der Pizza. Um so düsterer die Stimmung im
Film jedoch wurde, um so mehr rückte Blay auf dem Bett zu
Qhuinn, der es liebte zu beobachten, wie sein Freund an den
gruseligen Stellen merklich zusammen zuckte. Und schließlich
gab Blay dem nach, was er schon fast die ganze Zeit tun wollte... er
ließ seinen Kopf auf Qhuinns Brust sinken, die sich so warm und
stark anfühlte und unter der er sein Herz deutlich schlagen
spüren konnte. Im ersten Moment tat Qhuinn nichts, dann jedoch
konnte er nicht widerstehen, seine Hand in Blays Haare zu schieben
und durch diese zu streicheln. Er lachte, wenn er jetzt an seiner
Brust nur noch mal deutlicher spüren konnte, wenn Blay zusammen
zuckte, aber keinen von ihnen dachte auch nur einen Moment daran,
sich jetzt irgendwie von der Stelle zu bewegen.
„Können
wir jetzt bitte was Lustiges gucken?“ fragte Blay leise, bewegte
sich noch immer nicht von der Stelle. „Ich habe schon eine
Gänsehaut.“ gab er, schwach grinsend zu.
„Hmmm...“
Qhuinn antwortete zunächst nicht auf die eigentliche Frage,
sondern streichelte mit seiner Hand über Blays Rücken, um
ihn ein wenig zu wärmen und zu beruhigen. „Wir können
gerne was Lustiges gucken, aber nur, wenn du dich wieder genau so
hinlegst wie jetzt gerade.“ sagte er dann leise.
Blay hatte was
sofort das Gefühl, dass sich erneut eine Gänsehaut über
seinen Körper zog und diesmal lag es ganz sicher nicht daran,
dass er sich wegen des Filmes erschrocken hatte. Seine Wangen nahmen
eine leicht rötliche Färbung an. Worte wie diese war er
einfach noch immer noch so recht gewöhnt von Qhuinn. „Nein,
ich... ich werde mich wieder so hinlegen. Was hast du Lustiges da?“
wollte er wissen und hob seinen Kopf um Qhuinn besser ansehen zu
können.
Qhuinn prägte
sich diesen Anblick von Blay ganz genau ein und überlegte dann,
was sie für einen Film anschauen könnten. „Hangover 2?“
schlug er schließlich vor.
„Gerne.
Hauptsache was Lustiges.“
Nur ungerne stand
Qhuinn vom Bett auf um die DVD zu wechseln, aber als er sich wieder
zurück auf dieses legte, legte Blay seinen Kopf wirklich sofort
wieder auf Qhuinns Brust, der ein zufriedenes Knurren unterdrücken
musste, das Blay aber spüren konnte, so wie er seinen Kopf
platziert hatte und es durchzog ein Schauer seinen Körper dabei.
Während des
Filmes lachten beide immer wieder, während sie noch immer so
zusammen auf dem Bett lagen und von ihrem Bier tranken.
Gegen Ende des
Filmes hin, wurde Blay ein wenig nachdenklicher und auch ruhiger. Nie
hatte er so mit Saxton einen Film geguckt, nie hatten sie so sehr
zusammen an den selben Stellen gelacht. Und er wusste, dass das hier
eine der Sachen war, die ihm so gefehlt hatten. Und dennoch war er...
vorsichtig. Nicht, dass er bereit war, sich von der Stelle zu rühren,
aber er hatte fast ein wenig Angst davor, was sein würde, wenn
der Film zu Ende sein würde und sie sich vielleicht etwas
bewusster werden würden, in was für einer Situation sie
sich gerade befanden.
„Der
Film war wirklich der Knaller. Wir müssen uns bei Gelegenheit
den ersten Teil noch mal ansehen.“ lachte Qhuinn, wurde dann aber
auch ein wenig ruhiger als er auf Blay runter sah. Mehrfach setzte er
an, aber es fiel ihm nicht besonders leicht, das so zu sagen. Genau
genommen hatte er so etwas auch so noch nie gesagt...
„Darf
ich dich küssen, Blay?“ platzte es dann schließlich aus
ihm hervor.
Sofort schnellte
Blays Kopf hoch und er setzte sich sogar komplett auf, starrte seinen
Freund mit großen Augen an. „Was? Ich... wieso... seit
wann... fragst du danach?“ murmelte er.
„Weil...
ich nichts tun will, was du so nicht willst.“ antwortete Qhuinn,
nicht sicher, wie er es deuten sollte, dass Blay sich so plötzlich
von ihm gelöst hatte.
Blay schien mit
sich selber zu kämpfen, ob er dem gleich nachgeben sollte, aber
ganz so leicht, war es dann wiederum auch nicht. „Ich... ich...
nur, wenn du... dich danach nicht wieder zurück ziehst. Bitte
Qhuinn, dann frag mich das nicht... und tu es nicht. Nur... wenn du
dich danach nicht wieder zurück ziehst.“ wiederholte Blay.
Qhuinn schluckte
schwer, als er die Angst in Blays Augen sah und er nahm sich nur noch
mal wieder vor, dass er nie wieder der Grund dafür sein würde,
dass so ein Ausdruck in seinen Augen stand. „Blay, ich werde mich
nicht zurück ziehen. Ich werde dich nicht wieder von mir
wegschieben. Bitte... lass mich dich küssen. Lass mich dir das
zeigen. Dass ich das nicht machen werde.“
Viel mehr als ein
Nicken bekam Blay nicht zu Stande und Qhuinn rutschte daraufhin auf
dem Bett näher zu ihm, legte seine Hände an Blays Wangen
und beugte sich dann zu ihm um seine Lippen mit seinen zu
verschließen. Und dieser Kuss war so viel anders als die Küsse,
die sie bisher geteilt hatten. Es war kein Kuss, der irgendwas
beweisen sollte, der irgendein Experiment war. Und er war auch nicht
hart und fordernd. Viel mehr ließ Qhuinn sich alle Zeit der
Welt, seine Lippen über die von Blay streichen zu lassen, mit
seiner Zunge darüber zu lecken und als Blay sich ihm öffnete,
küsste er ihn gefühlvoll und tief. Blay klammerte sich mit
einer Hand an Qhuinns Nacken fest und zog ihn so noch tiefer in den
Kuss, seufzte ihm leise entgegen und stieß mit seiner Zunge
gegen die seines Freundes, ließ sie langsam mit dieser spielen.
Niemals würde er genug davon bekommen, so zu küssen und so
geküsst zu werden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen